An das Gefecht zwischen Rehobother Baster und Deutschen heute vor 105 Jahren erinnern jährliche Gedenkfeiern und die Gedenkstätte von Sam Khubis. Vom gewaltsamen Tod des Wachtmeisters der Polizeistation BüllsPort 18 Tage zuvor hingegen zeugen nur ein Grabstein und ein Buch…

8. Mai 1915, Sam Khubis, rund 80 km südwestlich von Rehoboth. Der Erste Weltkrieg, der in Europa tobt, zieht auch die Baster in der deutschen Kolonie Südwestafrika in seinen Strudel.

Hunderte Kämpfer haben sich am nordöstlichen Hang des Talkessels von Sam Khubis verschanzt. Die deutsche Schutztruppe greift von den gegenüber liegenden Hügeln aus an.

Nach stundenlangem Gefecht müssen die Baster ihre Stellungen fluchtartig räumen. Sie versammeln sich zum Gebet, bitten Gott um Rettung. Und können ihren Augen kaum trauen: Die Deutschen setzen ihnen nicht nach, sondern ziehen ab…

Vormarsch der Südafrikaner

Was war geschehen? Die deutsche Schutztruppe, etwa 4.000 Mann stark, hat eigentlich einen ganz anderen Gegner: Die südafrikanische Armee, die mit 60.000 Soldaten auf dem Vormarsch ist. Südafrika steht aufgrund eines Geheimpaktes an der Seite Großbritanniens und will sich die benachbarte deutsche Kolonie einverleiben.

Die Baster fürchten um ihre Zukunft. Unter deutscher Herrschaft genießen sie aufgrund eines „Schutz- und Freundschaftsvertrages“ weitgehende Sonderrechte. Zugleich sind sie verpflichtet, den Deutschen im Falle von Konflikten mit Dritten beizustehen.

Baster zwischen den Fronten

Das bringt sie in eine Zwickmühle. Kündigen sie ihren Vertrag, ziehen sie den Zorn der Deutschen auf sich. Kämpfen sie an ihrer Seite, müssen sie im Fall eines Sieges der Südafrikaner mit einer Bestrafung rechnen – und mit dem Verlust ihrer Sonderrechte. So lassen sie sich von der Schutztruppe bereits im September 2014 zusichern, dass die so genannte Bastard-Kompanie nicht an der Front, sondern nur hinter den Linien eingesetzt wird.

Seit Anfang 1915 wächst der Unmut der Baster. Ein Teil der „Bastard-Kompanie“ muss südafrikanische Soldaten bewachen, die die Schutztruppe in einem Vorgefecht gefangengenommen hatte. Die Südafrikaner drohen ihren Bewachern mit Vergeltung. In der Nacht vom 17. auf den 18. April verlassen die Baster-Soldaten ihre Posten und das Lager.

Überfall auf Büllsport

Während deutsche Schutztruppe und Basterrat noch über eine Entwaffnung des Baster-Volkes verhandeln, töten Baster-Kommandos ab dem 19. April deutsche Männer im Basterland. Ziel sind sind Farmer und Polizisten auf abgelegenen Polizeistationen wie Büllsport. Auch werden Farmen geplündert.

Daraufhin startet die Schutztruppe eine Strafaktion. In einem Fall werden auch Frauen und Kinder erschossen, darunter der Sohn eines führenden Basters. Schlusspunkt ist das Gefecht bei Sam Khubis am 8. Mai.

Zur Verfolgung der Baster bleibt den deutschen Verbänden keine Zeit. Sie erfahren, dass südafrikanische Truppen auf Windhoek vorrücken. Um nicht vom Kern der Schutztruppe abgeschnitten zu werden, müssen sie so schnell wie möglich nach Windhoek. Zwei Monate später, am 9. Juli 1915, kapituliert die Schutztruppe bei Khorab nördlich von Otavi.

Gedenkstätte Sam Khubis

Versammlung Rehobother Baster Gedenkstätte Talkessel von Sam Khubis Stender

Versammlung der Rehobother Baster an ihrer Gedenkstätte im Talkessel von Sam Khubis. Foto (2015): Sven-Eric Stender

Die Rehobother Baster halten ihr Wort, das sie Gott in ihrem Gebet damals gegeben haben: Jedes Jahr am 8. Mai findet im Talkessel von Sam Khubis ein Gedenken mit Gottesdienst statt. Unter den Teilnehmern sind auch deutschstämmige Namibier.

Aufgrund der Beschränkungen wegen des Corona-Virus ist heute nur eine zehnköpfige Abordnung vor Ort. Der Gottesdienst findet in Rehoboth vor leeren Bänken statt und wird online übertragen (hier der Facebook Post zum Video).

Buch-Kapitel zu Büllsport

Rudolf Rogge Polizist Polizeiwachtmeister Polizeistation BüllsPort Naukluft

Polizeiwachtmeister Rudolf Rogge, aufgenommen ca. 1912. Foto-Quelle: Kuno Budack, „Krieg und Frieden im Basterland“, Windhoek 2015, S. 365

Auf BüllsPort erinnert ein Grabstein an jenen Polizeiwachtmeister, der das erste Opfer der Überfälle ist: Rudolf Rogge. Allerdings nennt er ein falsches Datum und bleibt zu den Umständen des Todes stumm.

Die Ereignisse auf Büllsport schildert erst ein Buch, das 2015 erscheint, sozusagen zum 100-jährigen Gedenken des gewaltsamen Konflikts: „Krieg und Frieden im Basterland“ von Kuno Budack. Der Autor rekonstruiert das Geschehen aus Militärberichten, Vernehmungsprotokollen und Gesprächen mit Zeitzeugen und deren Nachkommen.

Tod eines Polizisten

Demnach kommen am Abend des 19. April zwei Baster nach Büllsport, mit dem Auftrag, Rogge zu töten. Abseits der Polizeistation werben sie drei Komplizen an, darunter die beiden Hilfspolizisten der Station.

Am nächsten Morgen gehen diese drei Komplizen zur Polizeistation. Rogge ahnt nichts Böses. Seine beiden Hilfspolizisten übergeben ihm einen Brief, um ihn abzulenken.

Der dritte Mann geht an ihm vorbei, wirft ihm plötzlich von hinten eine Schlinge über den Kopf und zieht sie zu. Er und ein Hilfspolizist packen Rogge, während der andere Hilfspolizist mehrmals auf ihn schießt. Schließlich treten die beiden Baster hinzu und geben dem schwer verwundeten Rogge den Gnadenschuss.

Grab und Buch erinnern an Rogge

Das Grab des 36-jährigen Polizisten befindet sich nahe der Ruine der ehemaligen Polizeistation. Gäste des „Old Police Station“-Campingplatzes brauchen also nur ein paar Dutzend Schritte zu gehen, um selbst in diesem abgelegenen Tal Spuren des Ersten Weltkrieges zu finden.

Das Buch „Krieg und Frieden im Basterland“ von Kuno Budack ist 2015 im Verlag Padlangs Publications in Windhoek erschienen. Kontakt: padlangs@iway.na. Mehr zur Geschichte der Baster erfährt man auch im Museum in Rehoboth.

Gräber Rudolf Rogge August Schern Polizeistation BüllsPort Naukluft-Berge

Gräber von Polizeiwachtmeister Rudolf Rogge (rechts) und dem Schutztruppen-Unteroffizier August Schern, der im Krieg gegen die Witbooi-Nama 1894 in der Naukluft gefallen ist. Foto: Sven-Eric Stender

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